BBK Sachsen-Anhalt e.V.

Halle (Saale)

Foto: Matthias Behne (lautwieleise.de)

Unser Verein zahlt Künstler*innen eine Ausstellungsvergütung, weil diese für ihre geleistete Arbeit selbstverständlich eine Bezahlung verdienen.

(Dr. Ruth Heftrig, Geschäftsführerin des BBK Sachsen-Anhalt e.V., Halle (Saale))

Seit wann zahlen Sie eine Ausstellungsvergütung?
Systematisch haben wir damit 2015 begonnen, damals bei der thematischen Gruppenausstellung „Schnongs auf Hitsche“ in Merseburg. Zuvor haben Künstler*innen bei unseren Ausstellungsprojekten ihre Mitarbeit meist als „unbare Eigenleistung“ erbracht und erhielten lediglich eine Erstattung von Fahrtkosten. Projektleiter*innen, Kurator*innen und Gestalter*innen haben jedoch schon damals ganz selbstverständlich Honorare bekommen. Inzwischen gibt es bei uns kein Projekt mehr ohne angemessene Vergütung für die beteiligten Künstler*innen.

Zahlen Sie / Ihr Haus diese Ausstellungsvergütung aus dem eigenen Budget oder aus Mitteln der öffentlichen oder privaten Hand, aus Fördermitteln?
Unsere beiden Vereine, der Berufsverband Bildender Künstler Sachsen-Anhalt e.V. und das Kulturwerk des BBK Sachsen-Anhalt e.V., könnten ihre Arbeit nicht ohne Drittmittel finanzieren. Wir beantragen jährlich mehrere Förderungen bei Kommunen, beim Land, bei kulturellen Stiftungen und werben darüber hinaus Mittel von Sponsoren ein oder organisieren Spendenkampagnen. In unseren Kostenplänen sind dann jeweils Positionen für Ausstellungs- und Mitwirkungsvergütungen enthalten. Während die Ausstellungsvergütung eine Art Leihgebühr für die bereitgestellten Kunstwerke ist, honorieren wir durch die Mitwirkungsvergütung solche Dienstleistungen wie An- und Abtransport der Werke, Bereitstellung von Text- und Bildmaterial und ähnliches.

In welcher Form findet Ihre Ausstellungsvergütung statt?
Wir meinen, dass jegliche künstlerische Leistung angemessen honoriert werden muss. Damit für beide Seiten klar ist, was wir voneinander erwarten, schließen wir Werkverträge ab, in denen unter anderem geregelt ist, welche Vergütungen fließen, wann und wie diese in Rechnung zu stellen und entsprechend zu versteuern sind. Von der Aufsplittung in Ausstellungs- und Mitwirkungsvergütung habe ich ja schon gesprochen. Es gibt daneben aber auch noch weitere Vergütungsformen, zum Beispiel bei Pleinairs oder Symposien. 2017 haben wir in Halle (Saale) das Symposium „Metallwerkstatt Halle 17“ durchgeführt. Die beteiligten sieben Künstler*innen aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden erhielten ein Honorar für ihre Teilnahme und überließen uns als Veranstalter die Werke für ein Jahr, um diese im öffentlichen Stadtraum zu präsentieren. Danach gingen sie in den Besitz der Künstler*innen über, wurden woanders aufgestellt oder auch verkauft. Regelmäßig veranstalten wir unsere beiden Ausstellungsreihen „BBKarium“ im Schaufenster unserer halleschen Geschäftsstelle und „generell frisch“, in der wir an verschiedenen Orten in Sachsen-Anhalt unsere neuen Mitglieder in einer Gruppenausstellung der Öffentlichkeit vorstellen. Hier fließen natürlich die erwähnten Ausstellungs- und Mitwirkungsvergütungen.

Folgen Sie dabei einem bestimmten Schema oder wird das immer wieder neu ausgehandelt bzw. angepasst?

Wir orientieren uns bei der Höhe der Vergütungen an der „Leitlinie Ausstellungsvergütung“ des Bundesverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler“, die 2021 in zweiter Auflage erschienen ist (siehe www.bbk-bundesverband.de/beruf-kunst/ausstellungsverguetung). Die Beträge variieren je nach Dauer der Ausstellung und es macht einen Unterschied, ob es sich um eine Einzel- oder Gruppenausstellung handelt. Auch wird berücksichtigt, an welchem Ort die Ausstellung stattfindet. In kommerziellen Galerien, die die Vermarktung von Kunst professionell betreiben, ist ohnehin keine Ausstellungsvergütung vorgesehen. Aber an nicht-kommerziellen Orten wie soziokulturellen Zentren, öffentlichen Bildungseinrichtungen, Museen, Kunstvereinen, Kultureinrichtungen, Kunsthallen und auch Unternehmen, die sich mit Kunst schmücken möchten, werden die Vergütungen an die Größe und Art der Orte angepasst. Ein öffentliches Museum mit mehr als 100.000 Besucher*innen im Jahr sollte mehr zahlen als ein Off-Space mit weniger als 10.000 Besucher*innen pro Jahr.

Weitere Angaben?
Die Ausstellungsvergütung ist für uns ein gesellschaftliches wie auch ein kulturpolitisches Anliegen. Private Nutzer*innen von Kunst wie Ärzt*innen und Anwält*innen mit ihren Praxen und Kanzleien, aber auch ehrenamtlich in Kunstvereinen Tätige verstehen häufig (noch) nicht, dass Künstler*innen eine Dienstleistung erbringen, die mit anderen vergleichbar ist. Bei Museen und anderen öffentlichen Einrichtungen ist es oft nicht anders. Häufig führen sie noch immer das verzerrende Argument an, es sei doch gute Publicity für die Künstler*innen, wenn sie ihre Werke hier publikumswirksam zeigen könnten. Bei Vertreter*innen anderer Dienstleistungsbranchen kämen sie nie auf die Idee, so zu argumentieren. Ohne die Arbeit von Künstler*innen würden ja die Ausstellungen und anderen öffentlichen Kunstpräsentationen gar nicht stattfinden. Warum sollten also nur diejenigen Geld daran verdienen, die nur eine sekundäre Bedeutung haben wie die Kurator*innen, die Gestalter*innen, die Musiker*innen oder die Caterer? Es sind doch zuallererst die Kunstwerke, die eine Ausstellung ausmachen. Dass diese der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, muss auch finanziell gewürdigt werden. Dafür hat auch die öffentliche Hand zu sorgen, die sich ja die Förderung von Kunst und Kultur auf die Fahnen schreibt, wenn auch meist nur als „freiwillige Leistung“. Wenn in den Haushalten gesonderte Etats für Ausstellungsvergütungen eingeführt werden oder Fördermittel nur dann fließen, wenn klar ist, dass die an den Projekten beteiligten Künstler*innen angemessen bezahlt werden, dann sind wir einen großen Schritt weiter. Gerade in Halle (Saale) sind diesbezüglich Erfolge zu verzeichnen und auch auf Landesebene sind bei uns Vergütungen für Künstler*innen längst förderfähig und werden als selbstverständlich angesehen – wenn auch noch nicht als verpflichtend.

Halle (Saale), im Mai 2022

Danke!

Danke an Dr. Ruth Heftrig, Geschäftsführerin des Berufsverbandes Bildender Künstler Sachsen-Anhalt e.V., für das Statement und das ausführliche Interview! Weitere Infos: www.bbk-sachsenanhalt.de, Adresse: BBK Sachsen-Anhalt e.V., Große Klausstraße 6, 06108 Halle (Saale).

Danke an Matthias Behne (lautwieleise.de) für die Fotos und die Gestaltung! Danke an Matthias Behne und André Kestel für Konzeption und Durchführung der Interviews!