Projekthistorie

Kulturelle Bildung ist heutzutage in aller Munde und nicht mehr wegzudenken, wenn über Inklusion, bessere Bildungschancen und Teilhabegerechtigkeit im schulischen Kontext gesprochen wird. Dass das Bundesland Sachsen-Anhalt diesen Bildungs- und Arbeitsbereich in Kooperation mit dem Berufsverband Bildender Künstler (BBK) Sachsen-Anhalt seit mittlerweile mehr als zwei Jahrzehnten mit Projektmitteln kontinuierlich fördert, ist hingegen nur wenigen bekannt.

Alles beginnt mit einer beruflichen Fördermaßnahme für Künstlerinnen.

Im Haushaltsjahr 1996 sollen Projekte mit Künstlerinnen aus dem Land Sachsen-Anhalt an Schulen des Landes organisiert und durchgeführt werden. Damit sollen Künstlerinnen des Landes Sachsen-Anhalt gefördert und die Voraussetzungen für handlungsorientierte Begegnungen zwischen Kunstschaffenden, Schülerinnen und Schülern geschaffen werden.
Mit der Förderung von Künstlerinnen wird dem Artikel 3 (2) des Grundgesetzes, dem Artikel 34 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt sowie dem Frauenförderungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt Rechnung getragen.

§ 1 des Vertrages zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und dem Verband Bildender Künstler (VBK) Sachsen-Anhalt e. V. vom 15.07.1996

Die Ausschreibung des Projektes erfolgt am 17.07.1996 durch das Kultusministerium über die Bekanntmachung „Bildende Künstlerinnen in Schulen“, welche wenig später auch im Schulverwaltungsblatt erscheint. Antragsteller sind die Schulen. Außerdem können Künstlerinnen ihr Interesse bekunden. Die Entgegennahme und Bearbeitung der Anträge übernehmen die beiden damaligen Regionalverbände des VBK in Magdeburg und Halle, wobei Halle traditionell die Region Dessau mitbetreut. Allein in der Regionalstelle Halle gehen daraufhin 74 Anträge ein. Das Spektrum der Vorstellungen ist breit gefächert: von anregender Betreuung, Weiterführung bereits laufender Vorhaben, unterrichtsbezogener Arbeit, Erarbeitung von Theateraufführungen bis hin zur Gesamtgestaltung von zu sanierenden Schulen. Die Einzelprojekte können sowohl im Unterricht als auch außerunterrichtlich stattfinden, müssen aber spätestens im November des laufenden Jahres abgeschlossen sein.

im April 1998 konstatiert der Verband gegenüber dem Kultusministerium nach einer Laufzeit von zwei Schuljahren seine Erfahrungen folgendermaßen:

Eine Erweiterung des Stundenrahmens wird als sinnvoll angesehen, da alle Künstlerinnen weit mehr als die vertragsgemäß vereinbart Stundenanzahl geleistet haben und die Qualität der Projekte dadurch erheblich gewinnt. Diese Meinung wird auch von den Pädagogen geteilt. Inzwischen mehren sich auch aus anderen Bundesländern die Anfragen zu unserem gemeinsamen Projekt und es dient als Anregung und Grundlage für Bemühungen und Verhandlungen, Vergleichbares auch dort zu initiieren.

Außerdem wird angeregt, Materialkosten zukünftig durch die Schulen und nicht aus den Honoraren der Künstlerinnen bestreiten zu lassen. In der Ausschreibung für das Jahr 1998 findet diese Anregung erstmals und dauerhaft Eingang in die Förderbestimmungen. Im Dezember 1999 wird durch den Verband zudem darauf gedrängt, den Termin für die Veröffentlichung im Schulverwaltungsblatt zeitlich vorzuziehen sowie einen Bewerbungsschluss einzuführen, da in der Praxis viele Schulen mit ihren Bewerbungen zu spät kämen bzw. Probleme mit der Einbindung in ihre Jahresplanung hätten.

Mit dem Schuljahr 2001/2002 wird das Projekt für Künstlerinnen und Künstler geöffnet. Nach fünf Jahren entfällt damit der soziale Aspekt der Hilfe für Künstlerinnen und das Projekt ist nicht mehr dem Referat für Gleichstellung zugeordnet. Dies findet seinen Niederschlag auch im Projekttitel, der ab sofort „Bildende Künstler in Schulen“ lautet. In den Folgejahren wird in den Verträgen zwischen Kultusministerium und VBK allerdings teilweise noch ein Beteiligungsanteil von fünfzig Prozent für Künstlerinnen festgeschrieben.

Im Rahmen der Öffnung und Ausweitung des Projektes halbiert sich der Stundensatz im gleichen Jahr von zuletzt 80 DEM auf nunmehr 40 DEM. Bei der Bewilligung von Anträgen sollen zudem Sekundarschulen fortan stärker berücksichtigt werden. Auf Grund räumlicher Begrenztheiten in den Regionalbüros wird im Mai 2001 zusammen mit dem Ministerium entschieden, alle bis dahin erarbeiteten Projektdokumentationen in der Malschule der Cranach-Stiftung in Lutherstadt Wittenberg zu archivieren. Des Weiteren existieren seitens des Kultusministeriums erste Überlegungen, ein Angebot für Künstler*innen zur pädagogischen Weiterbildung mit Abschlusszertifikat für den Bereich Kunsterziehung vorzubereiten.

Mit der Währungsumstellung von DEM auf EUR im Jahr 2002 kommt es zu einer erneuten Anpassung des Honorarstundensatzes auf nunmehr 25 EUR. Dieser gilt bis heute unverändert fort. Auch die Bedingungen für die Projekte werden überarbeitet. In seiner Ausschreibung an die Mitglieder benennt der Verband die wichtigsten Änderungen: „Die Künstlerinnen und Künstler erarbeiten konzeptionell ein Projekt, das den Schülern die Möglichkeit bietet, über den Kunstunterricht hinaus eine fördernde Auseinandersetzung und Beschäftigung mit bildender Kunst zu erhalten. Der Verband vermittelt die Zusammenarbeit mit Schulen. Jeder Bewerber hat darüber hinaus die Möglichkeit, selbst eine geeignete Schule zu benennen. […] Für Projekte an Schulen, die mehr als 50 km vom Wohnort der Künstler entfernt sind, kann zusätzlich zu den Reisekosten eine Pauschale von 25 EUR gewährt werden.“ In einem Memo wird zugleich noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass laut Vertrag Sekundarschulen und Sonderschulen bei der Antragstellung besonders zu berücksichtigen sind.

Das Jahr 2004 bringt weitere Veränderungen. Das Projekt firmiert nun unter dem Namen „Bildende Künstlerinnen und Künstler in Schulen“ und der Verband selbst benennt sich zum Ende des Jahres in „Berufsverband Bildender Künstler Sachsen-Anhalt e. V.“ um. Im Rahmen der Verhandlungen zur Weiterführung des Projektes im Schuljahr 2004/2005 wird gegenüber dem Ministerium der bisherige zeitliche Verlauf des Verfahrens reflektiert: „Die Durchführung der Projekte begann in der Regel im Mai des laufenden Jahres mit der Veröffentlichung und dem Aufruf zur Bewerbung der Schulen im Schulverwaltungsblatt. Parallel dazu wurden die Künstler über den Zeitrahmen des Projektes durch uns informiert und aufgefordert, sich zur Teilnahme zu bewerben. Der Kassenabschluss der eingesetzten Fördermittel erfolgte im November d. Jahres, verschiedene Projekte liefen über den Jahreswechsel und endeten im Januar des Folgejahres.“

Im Jahr 2005 fusionieren die beiden Regionalverbände Halle-Dessau und Magdeburg. Anträge, Bewilligungen und Abrechnungen im Rahmen des Projektes „Bildende Künstlerinnen und Künstler in Schulen“ werden allerdings auch weiterhin – bis einschließlich Schuljahr 2008/2009 – eigenständig und separat in den Regionalbüros in Halle und Magdeburg bearbeitet.

Ein weiteres Novum gibt es 2008. Erstmals in seiner Geschichte steht das Projekt unter einem Jahresthema: „Auseinandersetzung mit den Vorstufen zu Gewalt und Intoleranz – welche Bedeutung haben Werte wie Achtung, Respekt und eine verbesserte Selbstwahrnehmung für die Sozialisierung der Schüler?“ Die Ausschreibung richtet sich vom Schwerpunkt her vor allem an Sekundar-, Gesamt- und Ganztagsschulen. Die Idee eines Jahresthemas wird in den Folgejahren erneut aufgegriffen: „Ich sehe was, was Du nicht siehst und das sieht mir ganz schön ähnlich!“ (2012), „Auf der Straße der Romanik“ (2013) und „Das Besondere im Alltäglichen“ (2014).

Ab 2009 werden alle Aktivitäten des Projektes zentral von der Geschäftsstelle des Berufsverbandes in Halle koordiniert und das Projekt heißt nunmehr „Bildende Künstlerinnen und Künstler an Schulen“. Dies hat u.a. zur Folge, dass bestimmte Regionen des Landes stärker als bisher ins Hintertreffen geraten. Die folgende Passage aus dem Sachbericht des Berufsverbandes für das Jahr 2011 lässt dies deutlich werden: „Wir bedauern es natürlich sehr, wenn wir auf Grund sehr hoher Fahrtkosten einige der antragstellenden Schulen weit außerhalb der Ballungs- und Bildungszentren nicht berücksichtigen können.“

Im Rahmen des Vertrages zwischen dem Land und dem BBK aus dem Jahr 2011 wird der Begriff kulturelle Bildung zum ersten Mal explizit erwähnt. In der Präambel des Vertrags bekennen sich beide Vertragspartner noch einmal klar zu den Zielen des Projektes: „Bildende Kunst stellt einen unverzichtbaren Bestandteil des Bildungs- und Erziehungsauftrages aller Schulformen des Landes Sachsen-Anhalt dar. Sie hat unter anderem das Ziel, Schülerinnen und Schüler durch die Entfaltung von Kreativität und sozialer Kompetenz für die aktive Teilnahme am kulturellen Leben zu befähigen. […]“.

Mit einer Ausstellung von ausgewählten Ergebnissen aus den Einzelprojekten wird im Jahr 2012 eine weitere Tradition begründet. Die ersten Ausstellungsorte sind die Galerie Entrée im Kultusministerium in Magdeburg (08.05.2012 bis 29.06.2012) sowie das LISA Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung in Halle (30.06.2012 bis 05.10.2012). Weitere Ausstellungen folgen 2014 und 2016. Um das Projekt einer noch breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, geht schließlich im Jahr 2013 die Webseite kuenstleranschulen.de online.

Allgemeiner Projektablauf im Rückblick

Mit der Veröffentlichung der Ausschreibung im Schulverwaltungsblatt – über die Jahre stark schwankend zwischen Februar bis Juli – startet die jährliche Bewerbungsfrist für das Projekt. In der Regel bewerben sich Schulen um eine Teilnahme. Es können aber auch Künstler*innen Anträge stellen, ihr Interesse an einer Zusammenarbeit bekunden, konkrete Projektideen einreichen oder Kooperationsvorhaben mit einer Schule vorschlagen. Die Geschäftsstelle bzw. in letzter Instanz der Vorstand des BBK entscheiden dann anhand der Anzahl der vorliegenden Anträge sowie dem zur Verfügung stehenden Jahresbudget über die Bewilligung der Einzelprojekte. Hierbei kommen vielfältige Faktoren zum Tragen. Dazu können auch Vorgaben, z. B. zur bevorzugten Berücksichtigung bestimmter Schulformen, durch das Bildungsministerium als Auftraggeber gehören. Generell ist festzustellen, dass durch die seit längerem geltende Pauschalvergütung von Fahrtkosten antragstellende Schulen außerhalb der Ballungsräume im Auswahlverfahren zunehmend weniger berücksichtigt werden können.

Die bewilligten Einzelprojekte finden vom Frühsommer bis zum Dezember eines Kalenderjahres statt, umfassen also im Kern überwiegend nur das erste Schulhalbjahr. Inwiefern dies mit der allgemeinen Schuljahresplanung und somit den Bedarfen der Schulen zusammengeht und ob dies ggf. sogar Einfluss auf die Bewerbungsbereitschaft einzelner Schulen hat, darf durchaus kritisch hinterfragt werden.